Eindringlich, unterhaltsam und erschütternd
Erschienen im März 2023 ISBN: 978-3-552-07333-3 Hardcover: 25 Euro ebook: 18,99 Euro Einzelband |
Seiten: 304 |
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Danke an Vorablesen
Die Binders und die Strobl-Marineks gönnen sich einen exklusiven Urlaub in der Toskana. Tochter Sophie Luise, 14, durfte gegen die Langeweile ihre Schulfreundin Aayana mitnehmen, ein Flüchtlingskind aus Somalia. Kaum hat man sich mit Prosecco und Antipasti in Ferienlaune gechillt, kommt es zur Katastrophe. |
Meine Meinung: Die spürst du nicht ist hier eigentlich völlig falsch, denn das, was man beim Lesen und schließlich beim Beenden des Buches fühlt, ist eine ganze Menge und geht ziemlich unter die Haut. Die beiden Familien Binder und Strobl-Marinek sind gerade dabei sich in ihrem Urlaubs-Domizil in der Toskana einzuleben, als die Katastrophe ihren Lauf nimmt. Sophie-Luise, die 14jährige Tochter der Binders, ist nur unter der Bedingung mitgefahren, dass auch ihre Freundin, das somalische Flüchtlingsmädchen Aayana dabei sein darf. Mutter Elisa, Grünen-Politikerin und untreue Ehefrau schafft es nach einigen Anstrengungen tatsächlich, dass Aayanas Familie das Mädchen mitfahren lässt, doch schon am ersten Abend ertrinkt diese im Pool des Ferienhauses.
Die Betroffenheit der gehobenen österreichischen Familien ist groß, doch erst als Anklage gegen sie erhoben wird, ist der Schrecken umso größer, da es doch ein Unfall war!? Jedes Mitglied der Strobel-Marineks und Binders geht mit dem Unglück anders um und besonders betroffen ist Sophie-Luise, die seit dem Unglück in der Schule gemobbt wird und sich in eine Internetfreundschaft zu Pierre flüchtet. Dieser Junge scheint der Einzige, der sie versteht und Zugang zu ihr findet, doch als Leserin war mir schnell klar, dass Pierre nicht der ist, der er vorgibt zu sein.
Der Prozess um das Ertrinken von Aayana und die Frage, ob dies zu verhindern gewesen wäre und wer Schuld daran hat nimmt seinen Lauf. Auch wenn die Geschichte um diese somalische Flüchtlingsfamilie fiktiv ist, hat sie mich doch sehr durchgerüttelt und mitgenommen. Man muss bestimmt nicht lange suchen um ähnliche Schicksale tausendfach zu finden und alleine wegen diesem aufrüttelnden Teil dieses Buches sollte es jeder gelesen haben.
Daniel Glattauer hat mal wieder in toller Sprache eine sehr intensive Geschichte erschaffen, die mich ergriffen hat. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und hätte mir am Ende gewünscht, es wären viele Seiten mehr gewesen. Es wirkt zwar nicht komprimiert, aber dennoch hätte dieses Thema gepaart mit diesem intelligenten und kurzweiligen Schreibstil wesentlich mehr Raum verdient. Auch die Charaktere der Figuren sind fein gezeichnet, auch, wenn man sich besonders zu Anfang fühlt wie in einer Gesellschafts-Satire. Dennoch hatte ich nach Beenden der Geschichte das Gefühl, dass es Menschen wie die Strobl-Marineks und die Binders überall gibt und mehr als einmal musste ich, wie auch in der Realität üblich, anonyme Kommentare zu den Geschehnissen um das Ertrinken der jungen Somalierin aus der fiktiven Presse lesen. Besserwisserei und Fremdenfeindlichkeit sind auch im Buch ein Thema und es widert einfach nur an, mit welcher Überheblichkeit sein Senf hinzugegeben wird.
Ich kannte Daniel Glattauer bisher nur durch seine Werke "Gute Gegen Nordwind" und "Alle sieben Wellen" und zähle erst genannten Titel zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Von der Thematik her vergleichen kann man diese Werke nicht, aber überzeugt haben mich alle drei gleichermaßen. Ich kann "Die spürst du nicht" uneingeschränkt weiter empfehlen, ein Buch, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.